Frau Kirschgeflüster und das Brot

Ich erinnere mich nicht an alle Sachen meiner Kindheit gerne zurück. Vieles verdränge ich, es würde sonst zu weh tun.

Allerdings bleibt mir eine Sache immer positiv im Kopf. Der Gang zum Dorfbäcker. Ich kann heute noch genau beschreiben, wie es dort gerochen hat, wie der Laden aufgebaut war und wie der Tresen aussah. Das Brot war meistens noch lauwarm, und auf dem Heimweg habe ich jedesmal ein Loch in den Knust gepult und die warme, weiche Krume in meinen Mund geschoben. Damals war ich 5 oder 6. Diese Gepule war daheim nicht immer gerne gesehen, vor jedem Gang kam die gleiche Ermahnung, dass ich den Knust in Ruhe lassen solle. Aber ich konnte nicht anders, es war einfach zu verfürerisch.

Vor vielen Jahren machte der Bäcker zu, der Verlust des Sohnes durch Suizid machte ein Weiterführen des Ladens für das Bäckerpaar zu schmerzhaft. Irgendwie starb auch ein Teil Dorfleben mit. Die warme, duftende Backstube gab es nicht mehr.

Ich habe immer nach einem Ersatz für dieses Kindheitsgefühl gesucht, aber nie gefunden. Irgendwie kommt es mir so vor, als ob nur unser Bäcker gutes Gerster- und Vollkornbrot backen konnte. Auch nur er konnte die großen Nugattaler backen, ich schmecke sie heute noch auf der Zunge. Es war ein Gefühl von Glückseligkeit, der Heimweg mit Krume im Mund war wirklich ein Stück Zufriedenheit.

Jedenfalls bin ich neulich auf ein Rezept gestoßen, mit dem man die Herstellung von Sauerteig erklärt bekommt. Samstag Abend habe ich ihn angesetzt, bis gestern gefüttert und heute mein erstes Brot gebacken.

Dinkelbrot, einmal mit Chia und einmal ohne. Als es aus dem Ofen kam, roch es genauso wie damals. Und es schmeckt einfach lecker.

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